Flächendeckende Langeweile
Ich weiss, dass ich mich mit diesem Blogeintrag ziemlich unbeliebt machen werde, denn er verstösst gegen die momentan allgegenwärtige Hochstimmung. Aber trotzdem: Ich finde Fussball LANGWEILIG. Normalerweise ist das nicht weiter schlimm, ich kann ihm ja ausweichen. Nur ist das momentan nicht möglich: Wo bitte soll ich ein Bier trinken oder auswärts essen gehen, wenn in jedem Restaurant ein Bildschirm steht? Ein Bildschirm kann nicht einfach ignoriert werden, er zieht den Blick magisch an, und die nasal quäkende Begeisterung der Fussballkommentatoren ist erst recht nicht zu überhören.
Angesichts dieser Omnipräsenz finde ich Diskussionen, wie sie kürzlich in der Bund-Onlineausgabe zu finden waren, umso störender: Da streiten sich doch tatsächlich zwei Herren darüber, ob Frauen nun Fussball schauen sollen oder nicht. Die Argumente bedienen billigste Stereotypen und Klischees: David Sarasin, der das Pro vertritt, beruft sich auf die Sanftmütigkeit und den dekorativen Wert der Frauen, Philippe Zweifel begründet sein Kontra mit dem angeblich fehlenden Fussballsachverstand der Frauen. Die Perspektive der Frauen spielt keine Rolle: es geht in keinem Moment darum, ob Frauen gern Fussball schauen (wie etliche meiner Freundinnen) oder nicht (wie ich). Es läuft alles auf das Eine heraus: Für Männer sind Frauen beim Fussball entweder störend oder optische Bereicherung. Die logische Folge wäre bei der momentanen Unausweichlichkeit der WM, dass in einem Fall (Kontra) alle, im anderen Fall (Pro) die undekorativen und weniger sanftmütigen Frauen zu Hause bleiben müssten: Frauen zurück an den Herd, überlasst die Öffentlichkeit den Männern. Das Ganze läuft zur Entschärfung unter dem Deckmäntelchen Humor, wer nicht darüber lachen will, wird in den Kommentaren als humorlos dargestellt.
Eine kleine Freude bleibt mir aber während dieser WM: die Vuvuzelas. Ich liebe sie! Sie tönen ähnlich wie die Autokorsos, die sich an der letzen WM jeweils in der Nacht durch unsere Quartierstrasse hupten. Nur muss ich sie im Gegensatz zu diesen nicht hören, solange ich mich (momentan wetterbedingt) an mein Haus und Herd-Gebot halte. Und wenn ich sie doch mal höre, kann ich mir eine leise aber erquickende Schadenfreude nicht verkneifen angesichts der Störung des omnipräsenten Fernseherlebnis…
Am 20. Juni 2010 um 20:48 Uhr
Guten Abend, liebe Lautsprecherin
Mit Deinem neusten Blogeintrag machst Du Dich bei mir nicht unbeliebt, ganz im Gegenteil. Ich finde Fussball nämlich auch langweilig. Deshalb habe ich mein eigenes Blog zur fussballfreien Zone erklärt (und ich habe mich damit unbeliebt gemacht, zumindest bei einem Kommentator).
Die Diskussion im Newsnetz habe ich verpasst. Obwohl, wenn der Inhalt der Diskussion so schwachsinnig war, habe ich nicht viel verpasst. Leider sind solche Elaborate typisch für das Newsnetz. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich daran denke, dass ich diese ärgerlichen Online-Umtriebe vielleicht mit meinem Tages-Anzeiger-Abonnement querfinanziere.
Obwohl ich wie gesagt der grösste Fussballmuffel der Stadt bin, habe ich gestern in ein Spiel reingeschaut. Eigentlich nur, um die Vuvuzelas zu hören (die waren aber leider herausgefiltert). Ich fand den Match aber doch, zu meinem eigenen Erstaunen, durchaus spannend. Das Team von Kamerun brachte das dänische Team ins Schwitzen, dennoch gewannen die Dänen, was eigentlich sehr unfair war, denn die Kameruner haben besser gespielt. Wenn das bessere Team verliert, dann kann ich auf diesen Sport doch weiterhin problemlos verzichten. Heute schaue ich deshalb nicht TV.
Herzlichen Dank für die Aufnahme meines Blogs in Deine Blogroll, das hat mich sehr gefreut. Ich habe jetzt auch Dein Blog in meine Blogroll aufgenommen.
Beste Grüsse
Bobby California
Am 20. Juni 2010 um 21:54 Uhr
Trotzdem ist die Thematik Fussball für die Printpresse ein einbringende Sache.
Am 22. Juni 2010 um 13:44 Uhr
Herzlichen Dank dir, Bobby California! Jetzt müsste ich nur noch etwas mehr Zeit fürs Schreiben haben…
Am 14. Juli 2010 um 09:27 Uhr
Stimmt, Vuvuzelas sind ein würdiger anarchistischer Ersatz für die ausgestorbene Blechtrommel … und ein letzter Rest an Hoffnung das Fankulturen sich nicht auf jedem Kontinent immer gleichen müssen.