16. März 2010

Sergio, Benoît und Beat: fortschrittliche und kulturell vielfältige Freizeittester

Seit einiger Zeit testen Sergio, Benoît und Beat freundlicherweise für uns die SBB-Freizeitangebote. Die drei Herren in gesetzterem Alter sollen die kulturelle Vielfalt der Schweiz vertreten, damit sich Kunden auch aus dem letzten Winkel des Landes angesprochen fühlen. Frauen allerdings scheinen auch mit diesem ganz und gar nicht generischen, dafür umso pluraleren Maskulinum mitgemeint zu sein: Auf meine Nachfrage bei der SBB wurde mir beschieden, dass Sergio, Benoît und Beat “unseren Kunden” helfen, “genau den richtigen Ausflug zu finden - ganz egal, ob das nun Junge oder Alte sind, Familien oder Alleinstehende oder eben Männer oder Frauen”. Die Wahl sei auf die drei Herren gefallen, weil sie eben die “kulturelle Vielfalt der Schweiz vertreten” und “mit ihrem Humor ideale, neutrale und sehr unterhaltsame Tester sind. Dass die drei Männer sind, spielt dabei keine Rolle”. Na ja, hinter das “neutral” möchte ich ein Fragezeichen setzen, und dass es zwar keine Rolle spielt, dass es Männer sind, aber umso mehr, dass sie aus verschiedenen Landesteilen kommen, ist auch vielsagend: wichtig ist die kulturelle Vielfalt der Schweiz, unwichtig ist Frauen anzusprechen und sichtbar zu machen. Wenn mir dann der nette Herr vom Kundendienst auch noch weismachen will, dass die SBB sehr fortschrittlich sind, da sowohl die Projektleiterin der Kampagne wie auch die Inhaberin der zuständigen Werbeagentur Frauen sind, kann ich nur noch ratlos den Kopf schütteln…

15. März 2010

Nichte schwängert Grossvater, oder so…

Heute im Migrosmagazin (S. 5): “Liebende müssen nicht immer gleich alt sein, denn verschiedene Generationen befruchten sich”… Das ist ja mal ein interessanter neuer Ansatz pünktlich zu Ostern: für den romantischen Generationenmix und gegen sinkende Geburtenzahlen!

11. März 2010

NZW - Neue Zürcher Weltwoche

Da scheint ja die NZZ tatsächlich ein Identitätsproblem zu haben, publiziert sie doch die schriftliche Fassung eines Vortrags von Gerhard Amendt, eines emeritierten Professoren, der mit seinen unfundierten Rundumschlägen gegenüber Frauen und Feminismus (z.B. in seinem Welt-Plädoyer gegen die Frauenhäuser) der Weltwoche alle Ehren machen würden. Vermutlich bemerkt er nicht, dass er genau das tut, was er dem Feminismus vorwirft: dieser soll Männer zu Tätern, Frauen zu Opfern erklären. Er aber suhlt sich über den ganzen Text in der Rolle des vom Feminismus diskriminierten Opfers. Dabei versteht er weder die Gender Studies (die herzlich wenig mit Opfern und Tätern, vielmehr aber mit Rollenerwartungen und Freiheit davon zu tun haben) noch die Rolle der Motiviation bei der Arbeitszufriedenheit. So sollen sich Männer allein aufgrund des Wunsches, Frau und Kinder zu versorgen, engagieren in der Erwerbsarbeit. Nun verkennt er aber, dass intrinsische Motivation (z.B. Interesse für den Arbeitsinhalt oder das Gefühl, mit der Arbeit selber etwas Sinnvolles zu tun) tendenziell mehr zur Arbeitszufriedenheit beiträgt und entsprechend zu besserer Leistung anspornt als extrinsische Motivation (Geld verdienen fürs Kind, Frau oder Hobby). Es ist enttäuschend, dass sich die NZZ einem offensichtlich gekränkten und frustrierten, nicht sehr wissenschaftlich arbeitenden ehemaligen Professoren als Plattform zur Verfügung stellt. Sie soll sich doch bitte in Zukunft wieder gut recherchierten und belegten Beiträgen verschreiben und ideologische Abrechnungen der Weltwoche überlassen.

10. März 2010

Das Märchen vom Fuchs und vom Bär

Diese Tage flattert ja Wahlmaterial noch und nöcher in den Briefkasten, und ab und an erfährt man da auch ungeheuerliche Neuigkeiten. Oder habt ihr gewusst, welch wackerer Krieger den Bären im Berner Wappen gerettet hat? 2001 soll’s gewesen sein, da wollten einige linksfeministische Störefriedinnen und andere Unholde dem Bären im Berner Wappen den Garaus machen. Man stelle sich dies vor: zwei rote Streifen, dazwischen der verwaiste gelbe, unsere stolze Hauptstadt von Spanien nicht mehr zu unterscheiden! Doch da trat Thomas Fuchs auf den Plan, zog tapfer ins Gefecht und rettete unser Wappentier und die ganze Hauptstadt von solchem Ungemach. Die Kurzfassung dieser hehren Geschichte ist nachzulesen in der Wahlpropaganda, wo unter dem Leistungsausweis von Thomas Fuchs geschrieben steht: “Rettung des Berner Bärs im Wappen”. Fasziniert von der Heldengeschichte wollte ich nach ihren Spuren in den Geschichtsquellen, die ja heute glücklicherweise im WWW verfügbar sind, suchen. Hier die verbürgte Variante der Saga (nachzulesen auf der Homepage der Stadt Bern) : 2001 wollte die Berner Stadtverwaltung als Logo anstatt des Wappens ein schlichtes B einführen, wogegen Fuchs und 9′793 andere Stimmberechtigte mit einer Initiative vorgingen. Wenigstens durfte das zahme Füchslein der Stadt dann noch den Rückzug der Initiative mitteilen, nachdem diese Wappen samt Bär wieder Asyl im Logo gewährte…

25. Januar 2010

Wortschöpfungen

Neue Problemstellungen erfordern neue Terminologien - nicht dass die Probleme dadurch gelöst werden, aber wir stehen ihnen zumindest nicht mehr wortlos gegenüber. Nun gibt es diese neuartige Komplikation mehrerer Doodle-Umfragen, die sich gegenseitig blockieren. In einer spätlaboralen Kreativphase am Fotokopierer unter flackernden Lampen hat mein mitflackernder Geist folgende nützliche Bezeichnung dafür erschaffen: crossdoodelization. Wahlweise auch auf Spanisch oder Deutsch übersetzbar: entredoodelización und Interdudelei. Soviel der Weisheiten für heute, mein Feierabendbedarf ist somit auch erwiesen…

30. November 2009

Helvetia, mir graut vor dir!

Ob wohl Auswandern die Lösung wäre? Die kleine Schweiz, ein Refugium der Egoistinnen und Egoisten, wo Hass, Angst und Intoleranz herrschen… Leben hat keinen Wert, es sei denn, es spiele sich innerhalb der engen Grenzen dieses vermeintlich christlichen Paradies ab. Am besten gleich hohe Mauern darum herumstellen und das kleine Land, das ich nicht mehr als meines empfinde, mitsamt seinem hässlichen Inhalt vergessen. Wie viele Freundinnen und Freunde würde ich wohl verlieren?