25. Juni 2011
Viel los und dann auch noch Softwarefehler - Lautsprecherin war verschwunden, und das Publikum inzwischen wohl auch… Aber nun bin ich zurück und zu schreiben gibt es nach wie vor genug, ja immer mehr: Markus Somm bringt die Basler Zeitung auf strammen SVP-Kurs und kritisiert den Atomausstieg des Bundesrats als typisch weiblichen esoterischen Schnellschuss (BaZ vom 26. Mai 2011); Markus Theunert von männer.ch spricht heute am Kongress der IG Antifeminismus - hoffentlich funktioniert seine Provokation! -; die Medien werden unter Zeit- und Spardruck populistischer und geben zunehmend gleichstellungskritischen AkteurInnen eine Plattform; in Internetforen (die ich meiner Laune zuliebe nicht lesen sollte) setzt sich die Ansicht durch, der Lohnunterschied zwischen Männer und Frauen beruhe auf der effektiven Leistung und sei deshalb berechtigt; und nicht zuletzt wird neuerdings auch von links Kritik an der Gleichstellungsarbeit laut.
Gleichstellung und Feminismus sind eindeutig nicht mehr sexy - aber was dann? Frau am Herd ohne finanzielle Absicherung? Familienoberhaupt mit Herzinfarkt? Eine Lohndifferenz von 20% - Tendenz steigend? Sozialhilfeabhängige Alleinerziehende? Armutsbetroffene Scheidungskinder, die ihren Vater nur am Wochenende sehen? Die gläserne Decke? Starre Geschlechterrollen?
Eine neue, moderne Gleichstellung wird gefordert. Von deren VerfechterInnen habe ich bis jetzt aber erst Kritik, kaum jedoch konstruktive Vorschläge gehört. Diese sind jedoch die Voraussetzung für den Dialog auf Augenhöhe. Fehlen sie, nährt sich bei mir der Verdacht, dass es letztendlich doch nur Männer sind, die ihre Pfründe verteidigen, unterstützt von Frauen, die sich nicht des unsexy Feminismus verdächtig machen wollen…
Tags: Gleichstellung, IG Antifeminismus, Markus Somm, Markus Theunert, männer.ch, Medien, Populismus
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6. Juni 2010
Die Schweiz hat ein neues Feindbild, die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Bern. Hintergrund ist der von ihr herausgegebene Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache, ein Teil des städtischen Aktionsplans für Gleichstellung. Was eine solche Massnahme für Kommentare auf den Online-Foren auslösen kann, ist klar, schliesslich sind diese nicht bekannt als Intelligenzkonzentrat: “Muss ich jetzt Salzstreuerin sagen und das noch mit meinen Steuern bezahlen?” Wirklich erschreckend ist, dass der nationale Aufschrei von den Medien nach Kräften angeheizt wird, vermutlich um möglichst viele Klicks auf der Online-Ausgabe zu generieren. Um objektive Berichterstattung geht es dabei sicher nicht mehr, es fehlen nur schon jegliche Links zum Berner Sprachleitfaden, die Artikel könnten ja sonst als masslose Übertreibung entlarvt werden… Der Blick schreckt auch vor diffamierenden Lügen nicht zurück: das schon im Titel erscheinende “Elter”, das von der Stadt Bern an Stelle von Mutter oder Vater vorgeschrieben werde, findet sich im Berner Leitfaden gar nicht. Im sehr viel ausführlicheren Leitfaden des Bundes findet sich das Wort (das effektiv auch im Duden zu finden ist), allerdings nur als Beispiel für geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen (ohne Vorschriftscharakter) mit dem Vermerk “sehr selten”. Auch der Tagesanzeiger-Autor Daniel Foppa stellt sich absichtlich dumm, um möglichst empörte Kommentare zu provozieren: In seinem Artikel, der mitnichten als persönliche Meinung gekennzeichnet ist, bittet er die Leserinnen und Leser, “diese Spracherziehung à la Nordkorea”, “diesen höheren Blödsinn” mit lächerlichen Neuerfindungen ad absurdum zu führen, und führt gleich selber “Kindlifresserin-Brunnen” und “Bärinnengraben” als Beispiele an. Dass dem Lesepublikum nicht bewusst ist, dass es beim Berner Sprachleitfaden nicht um “Computerinnen und Computer”, “Personeriche” oder ähnliches geht, erstaunt nicht weiter, wenn aber Daniel Foppa es nicht besser wüsste, wäre er als Journalist eine Zumutung. Ansonsten täte er besser daran, die Hintergründe für solche Sprachregelungen zu beleuchten: Grammatikalisches und biologisches Geschlecht bei Personenbezeichnungen, für die ein Maskulinum und ein Femininum existieren, müssen übereinstimmen. “Der Bär” ist keine Personenbezeichnung, und der “Kindlifresser” auf dem Brunnen ist als Person effektiv männlich, mit seinen Beispielen macht sich Foppa also selbst lächerlich und nicht die Fachstelle. Es ist zu hoffen, dass dies der Tages-Anzeiger oder doch zumindest einige Leserinnen und Leser realisieren und daraus Konsequenzen ziehen. Als Wunsch bleibt mir, dass in dieser Diskussion auch noch Personen zu Wort kommen, die besser wissen, worum es geht, als der Durchschnittschweizer (90% der Kommentare sind von Männern geschrieben…) und so das von den Medien erschaffene Zerrbild noch ein wenig korrigieren können.
Tags: Bern, Blick, Daniel Foppa, Gleichstellung, Leitfaden, Medien, Sprache, Tages-Anzeiger
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