20. Juli 2010
Es ist schon erstaunlich, wie in ihrer Männlichkeit verletzte Schaumschläger immer wieder eine Plattform erhalten, während kritische Gegenstimmen nicht oder nur selten zitiert werden. Bei den Medien gibt es offensichtlich eine gewisse Tendenz zur Zensur und meine kritischen Leserinnenbriefe werden kaum mehr abgedruckt. Deshalb hier mein bisher ungewürdigter Kommentar zum Interview mit Walter Hollstein im Migros-Magazin vom 12. Juli 2010:
Wie Walter Hollstein bin ich der Meinung, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur Frauen etwas angehen darf. Der Wunsch des Männerforschers ist aber bereits erfüllt: Schweizer Gleichstellungsprojekte richten sich heute grösstenteils an beide Geschlechter. Anders als Hollstein rekurrieren sie aber nicht auf die biologistische Unterscheidung von typisch männlichen und typisch weiblichen Fähigkeiten und Eigenschaften: Annahmen wie die, dass Frauen von Natur aus sprachlich, Männer naturwissenschaftlich begabter sein sollen, sind inzwischen widerlegt, belegt ist dagegen, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter grösser sind als diejenigen zwischen den Geschlechtern. Hollsteins Unterteilung in eine natürliche Weiblichkeit und eine natürliche Männlichkeit läuft seiner Forderung nach mehr Flexibilität zuwider: Flexibilität bedeutet, dass Frauen und Männern, Mädchen und Jungen die ganze Palette an Eigenschaften und Gefühlen offen steht, dass sie also Stärke und Schwäche, Aggressivität und Empathie fühlen und zeigen dürfen, ohne sich deswegen unnatürlich vorzukommen. Folglich hat heute nicht die Männlichkeit - von der es meines Wissens nie eine “verbindliche Definition” gegeben hat - ein schlechtes Image, sondern die einseitige Festlegung von Männlichkeit auf wenige Eigenschaften wie Kampfgeist, technische Begabung und Aggressivität. Wem echte Gleichstellung ein Anliegen ist, wird sich auch in Zukunft für die Abschaffung solcher gedanklicher Barrieren einsetzen. Schön, wenn die Männer da mitziehen.
Tags: Emanzipation, Geschlechterkampf, Männer, Medien, Migros-Magazin, Walter Hollstein
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7. November 2008
Natürlich freue ich mich darüber, dass Barack Obama gewählt worden ist und dass die USA nun einen relativ jungen, demokratischen, schwarzen Präsidenten haben wird, der dazu noch gut aussieht und Charisma hat! Das alleine ist ja schon ein gewaltiger Wechsel, und der ist bekanntlich dringend nötig im Land der “Stupid white men”. Nein, dumm scheint mir Obama wirklich nicht, weiss ist er auch nicht, ein Mann allerdings schon. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob mir Hillary Clinton lieber gewesen wäre, aber ich wünsche mir schon, dass der Mann Obama den Wunsch all der Frauen und Männer, die Clinton ihre Stimme gegeben hätten, beim Zusammenstellen seines Kabinetts berücksichtigt und auf eine ausgewogene Geschlechterverteilung achtet.
Heute beim Lesen des Bunds wurde ich allerdings enttäuscht: “Präsident Barack Obama stellt seine Mannschaft zusammen” (meine Hervorhebung), die, glaubt man oder frau dem Artikel, wirklich hautpsächlich aus Männern bestehen wird: zumindest sind all die namentlich genannten “fähigen Administratoren” Geschlechtergenossen Obamas. Nur für die Spitze des Gesundheitsministeriums stellt uns der Autor “eine starke Frau, wie etwa die Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius” in Aussicht, um sogleich wieder abzuschwächen, dass Barack Obama für diesen Posten noch eine Reihe weiterer Optionen habe. Ein Wandel sieht meiner Meinung nach anders aus!
Bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass sich unter den nicht namentlich genannten sonstigen “Kandidaten” noch ein paar Frauen finden lassen. Der Ruf nach Wandel müsste dann je nachdem nicht mehr bis zum US-Präsidenten durchdringen, sondern nur bis zu den Printmedien, deren unsägliches Beharren auf dem generischen Maskulinum und deren (teilweise) unglückliche Wort- und Themenwahl Frauen nach wie vor ausblenden, sofern sie denn vorhanden sind (hier kann ich es mir jetzt nicht verkneifen, ein bisschen stolz auf meine zweite Publikation, “Ehefrau Vreni haucht ihm ins Ohr”, zu verweisen). Auch dort könnte eine kleine Revolution nicht schaden…
Tags: Barack, Bund, Frauen, generisches Maskulinum, geschlechtergerecht, Männer, Medien, Obama, Präsident, Printmedien, USA, Wandel
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