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24. Juli 2011

Dem Meer entgegen

Noch eineinhalb Pässe bis zum Meer… Eigentlich sind wir ja froh, wenn die Höhenmeter irgendwann zu Ende sind und wir haben uns ein paar Mal gewünscht, mal wieder flach Kilometer zu fressen, anstatt uns jeden Meter zu erkämpfen. Andererseits sind wir schon etwas traurig, wenn die schönen, ruhigen Berge zu Ende sind und wir im Getümmel an der Côte  d’Azur ankommen. Und irgendwie wurmt es schon, dass wir nicht von Anfang an die Route des Grandes Alpes gefahren sind…

Gorges de Daluis

Inzwischen sind wir in St. Martin-Vésubie angelangt (Gîte: juhu, billig und zentral!). Das Dorf ist ja ganz nett, aber nach der letzten Station können uns piktoreske Dörfer nicht mehr so schnell aus den Socken hauen: zufälligerweise sind wir gestern in Roubion gelandet, einem verträumten Nest an einem Felshang, das vom Tourismus (zum Leidwesen der Ansässigen, zu unserem Glück) noch kaum entdeckt worden ist. Übernachtet haben wir in einem alten renovierten Haus bei zwei Gastgeberinnen, die uns sogar Käse zum Frühstück serviert haben (hier eine Seltenheit, am Morgen gibt’s sonst vor allem Süsses, so dass wir meistens schon auf halber Passhöhe vom Hunger nach Salzigem heimgesucht werden…). Und am Abend  bei schönster Aussicht ein Jazzkonzert…

Roubion 1

Nach dem Vars-Pass hatten wir uns nach langem Hin und Her gegen die Überquerung des Col de la Bonette entschieden: 1700 Höhenmeter versprachen einerseits ein unschlagbares Ankunftserlebnis, andererseits hatten wir nicht wirklich Lust diesen Höhenunterschied auch tatsächlich zu bewältigen… Wir haben unseren Entschluss nicht bereut, denn so sind wir in Barcelonnette durchgekommen, wo just letzte Woche ein Jazzfestival stattfand und wir noch Billets für ein Open Air-Konzert von Gotan Project bekamen. Die Stimmung war super, das Konzert gewaltig und gegen die Kälte half der sehr feine Glühwein. Am nächsten Tag ging’s weiter über den Col de la Cayolle, etwas weniger hoch als die Bonette, aber landschaftlich mit mehreren Schluchten sehr lohnend.

Col de la Cayolle 1

Seither ist die Landschaft zwar immer noch gebirgig, aber doch nicht mehr so swisslike: Die Täler sind sehr eng, dafür wird’s oben weiter, also sind die Passfahrten unten steil und oben flach (anfangs war’s umgekehrt). In diesen Hochtälern (eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Emmental ist nicht abzustreiten) finden sich hübsche Dörfer mit recht ursprünglicher Architektur, aber irgendwo in der Höhe trifft man bestimmt auch auf ein Winterresort, dessen Hotels und Feriensiedlungen auffällig den Schweizer Zweitwohnungssiedlungen (Riesenchalets ohne Dorfzentrum) gleichen - sogar unser Pass heute (Col de St. Martin) hat sich als solches Retortendorf herausgestellt. Aber schon auf der Abfahrt überwiegten schon wieder die schönen Aussichten und machten Lust auf die Weiterfahrt morgen über den Col de Turini nach Sospel.

Colmiane