Archiv des Tags ‘Ski- und Velocenter’

15. Juni 2008

Jasper

Jasper

Und inzwischen haben wir ein billigeres Internet-Cafe gefunden… Wieder einmal ist mir, als haette ich im letzten Eintrag, bei dem es jetzt auch Bilder hat, die Haelfte des Erwaehnenswerten vergessen: der junge Vater, der seinen Kinderwagen samt Inhalt zum Berg Lake hinauf gestossen hatte; der Mann aus Trinidad, der von seiner Frau auf die Wanderung mitgeschleppt wurde und seinerseits Wein, Milch und sonstige Goodies heraufschleppte, um sich die Sache zumindest kulinarisch ertraeglicher zu gestalten; das Paar aus Dresden, fuer das der Berg Lake Campground (fuer uns der Inbegriff von Adventure) erst die Basis fuer eine zehntaegige Wanderung mit Zelt und Proviant durch das Back Country war, etc.

Aber eigentlich bin ich ja schon beim nassen Zelt gestern Morgen angelangt. Kurz vor der Abfahrt hatte Nathan die vernuenftige und nachvollziehbare Idee, sein Velo noch einmal zu pumpen, schliesslich waren ueber 90 Kilometer bis Jasper zu bewaeltigen. Dummerweise war dies aber der Tod der dritten von vier Ski- und Velocenterbilligschlaeuchen (und die Moral von der Geschicht: kauft bei Ski- und Velocenter nicht!). Langsam ans Schlaeuche Wechseln gewohnt, nahmen wir sogleich die Ersatzschlaeuche vom Oesterreicher hervor und machten uns an die Arbeit. Nur: diese Schlaeuche passen genau auf mein Vorderrat, alle anderen Felgen haben nur Platz fuer die duennen Ventile… So sassen wir nun ohne Ersatzmaterial auf einem Campingplatz, auf dem wir auf keinen Fall mehr bleiben wollen (teuer und nicht wirklich attraktiv), neben einem Laden, in dem es ausser Chips und Schokolade wenig Essbares gab, und einem ueberteuerten Restaurant, in dem Busladungen voller TouristInnen verkoestigt wurden…

Schlussendlich war diese Lage unser Glueck: der erste Pick-up-Fahrer, den wir ansprachen, fuhr ueber Jasper nach Edmonton zu seiner Tochter, und so waren wir zehn Minuten spaeter mit ihm und seiner Frau unterwegs. Die Fahrt waere sicher schoen gewesen mit Velo, andererseits ist mein Knie vom Wandern mit schlecht gepacktem Gepaeck noch ziemlich laediert und wurde so sicher besser geschont. Wie gesagt sind wir dann auch schon kurz nach dem Mittag auf dem Camping Platz in Jasper angekommen und hatten Zeit, um alles Noetige zu erledigen und wieder einmal richtig herrlich gemuese- und salatlastig (und erst noch billig) zu essen (bloeder Trockenfrass hing uns langsam zum Hals heraus).

Der Campingplatz hier ist zwar riesig (irgendwas bei 700 Stellplaetze) und auch landschaftlich sehr schoen, aber massloss ueberteuert. Es ist hier ueberall dasselbe: die kleineren Zeltplaetze haben vernuenftige Preise, sind sauber und liebevoll gepflegt, die grossen, teilweise staatlichen, Plaetze sind teuer und die gemeinschaftlichen Raeume sind eher schmutzig. Auch Geschirrabwaschbecken findet man kaum. Der Whistlers Campground in Jasper hat zum Beispiel fuer all die CamperInnen nur gerade ein Duschgebaeude, der Raum mit den Baerenboxen (dort muss wirklich ALLES rein, was riecht: Food, Geschirr, Shampoo, Zahnpasta, Mueckenmittel,…) hat kein Licht, ist schmudelig und stinkt zum Himmel, und auf dem ganzen Gelaende scheint es weder Waschmaschine, noch Laden oder gar Restaurant zu geben. Nur ein Freilichttheater hat’s - fragt sich wofuer bei dem Wetter… Ach ja, das Wetter! Es wird immer wechselhafter, pro Tag haben wir sicher fuenf Mal Regen (alles feucht, Zelt, Schlafsaecke, Schuhe, Kleider…) und fuenf Mal Sonnenschein, nur kaelter wird es konstant: heute Morgen hatten wir hier auf 1000 m.u.M. 1 Grad, da sind wir doch sehr zuversichtlich fuer die Zeltuebernachtungen auf 2000 m…

Wenn mein Knie fit genug waere, wuerden wir uns wohl schon morgen wieder in Richtung Sueden auf den Icefields Parkway aufmachen. Da aber ein Tag Pause mehr sicher nicht die schlechteste Idee ist, fahren wir wahrscheinlich erst am Montag weiter und werden uns morgen mit einem Bus knieschonend zum Maligne Lake fahren lassen. Ausserdem geniessen wir die guten Restaurants hier und setzen Reserven an fuer die naechsten 230 Kilometer, auf denen es nur einen rudimentaeren Laden geben soll, dafuer umso mehr Steigungen…

(Viele) Fotos auf Flickr

14. Juni 2008

Wildnis und Einsamkeit

Heute sind wir in Jaspers angekommen. Nicht ganz so wie erhofft (davon spaeter mehr), aber mit genuegend Zeit um zu waschen, was bitter noetig war, und nach einer Woche Einsamkeit und Natur mal wieder in ein Internet-Cafe zu gehen.

In Clearwater haben wir niemanden mehr gefunden, der Nathans Velo anschauen wollte oder konnte. Also sind wir nach unserem Pausen- und Reparaturtag weiter in Richtung Norden gefahren. Am Samstag und Sonntag haben wir insgesamt 200 Kilometer durch einsamste Berge (na ja, ein paar Autos hatte es schon, aber doch keine nennenswerten Ortschaften) zurueckgelegt. Unterwegs drei Platten an Nathans Rad, eine wegen einer Scherbe, zwei, weil die Billigstschlaeuche “Made in Taiwan”, die das Ski- und Velocenter uns in unsere Velos eingebaut hatte, beim Pumpen neben dem Ventil gerissen sind. Also: wenn ihr mal einen Schlauch gewechselt haben muesst, wir haben jetzt Uebung…

Avola

Diese zwei Velotage hatten aber durchaus auch ihre guten Seiten: Mein frisch geflicktes Velo lief wunderbar, die Landschaft war wunderschoen, die Berge wurden immer hoeher und bald kamen auch die ersten Schneefelder in Sicht. Ausserdem sahen wir unterwegs drei Baeren, die jetzt nach dem Winterschlaf gluecklicherweise mehr Appetit auf Gruenzeug als auf Fleisch haben und nicht aggressiv sind. Eindruecklich waren diese Begegnungen aber schon… Das Lustigste war aber, dass auf dem Campingplatz im 300-Seelen-Kaff Blueriver der Manager ein oesterreichischer Hobbybiker war, der gleich Nathans Velo durchcheckte und uns Ersatzschlaeuche verkaufen konnte. Das Knacken brachte er zwar nicht weg, aber die Weiterfahrt nach Valemount und zum Mount Robson (diesmal nur 40 Kilometer) verlief ohne unliebsame Zwischenfaelle.

Black bear

Der Mount Robson ist mit 3954 Meter der hoechste Berg in den kanadischen Rocky Mountains und wir hatten das Glueck, ihn trotz sehr wechselhaftem Wetter unverhuellt zu sehen. An seinem Fuss verlaeuft eine Wanderung, die sehr beruehmt sein soll und in jedem Reisefuehrer waermstens empfohlen wird, der Berg Lake Trail. Da wir eh langsam genug vom Velo Fahren und vom Highway hatten, verbrachten wir denn ca. zwei Stunden damit, unsere Tagesrucksaecke so zu packen, dass es fuer drei Tage “Wildnis” reichen wuerde. Es war kein einfaches Unterfangen und kostete viel Nerven, aber es lohnte sich.

Rucksaecke

Die Campinggebuehren mussten wir im Voraus zahlen, und nach langem Hin und Her entschieden wir uns, die 21 Kilometer bis zum Berg Lake an einem Tag in Angriff zu nehmen und dort gleich zwei Naechte zu zelten. Das ueberfluessige Gepaeck konnten wir im Visitor’s Center lassen, und am Dienstag morgen ging’s nach sehr kraeftigem Fruehstueck im Restaurant nicht allzu frueh los.

Gleich anfangs Weg machten wir Bekanntschaft mit dem Ranger, der seine Schicht anfing. Woher wir kaemen, fragte er, und auf unsere Antwort dann die ueberraschende Bemerkung “Eh, de choei mer ja grad Schwyzerduetsch rede.” Er heisst Chrigel, kommt aus Adelboden und oberlaenderet trotz 36 Jahren in Kanada noch akzentlos. Einen Teil des Weges begleitete er uns, dann blieb er wegen seinen Plumpskloreinigungspflichten zurueck. Der Weg war zwar lang, aber die versprochene Kletterei war sehr human, und die Baeche, Wasserfaelle und Seen auf der Strecke lohnten die Strapatzen.

Berg Lake

Der Berg Lake Campground hat zwar keine Duschen und kein fliessend Wasser (ausser aus den Baechen), dafuer liegt er sensationell schoen am Gletschersee, auf dem Eisberge gondeln, und das gemuetliche Kuechenhaus (ohne Kochherd, aber wir hatten ja unseren Benzinkocher dabei), in dem wir Leute aus aller Welt trafen, war uns in der Kaelte mehr als willkommen. Ausserdem koennte man den Sitzplatz am See problemlos fuer ein Wachturm-Frontfoetteli verwenden: unzaehlige Streifenhoernchen lieferten sich Verfolgungsjagden oder knabberten Tannzaepfen, ein Wiesel flitzte umher und schaute uns beim Abwasch zu, ein Murmeltier graste am Baechlein. Fehlte eigentlich nur der friedliche kuschelige Baer… Der kam aber gluecklicherweise nicht, wir hatten ja auch all unser Essen brav in der Baerenbox eingeschlossen.

Berg Lake Campground

Nach einer sehr kalten Nacht (um die 0 Grad, es soll immer noch 10 Grad kaelter sein, als normalerweise, aber wenigstens hatten wir die drei Tage Wetterglueck und viel Sonnenschein) schliefen wir am naechsten Tag aus, fruehstueckten Mueesli, buken Brot in der Pfanne (nicht schlecht, hae?) fuers Picknick und und kletterten noch etwas hoeher. Die Wanderung fuehrte ziemlich anstrengend durch Schnee, aber wir wurden mit einer Superaussicht ueber die Rockies belohnt.

 Mumm Basin Trail

Abends dann der einzige Regen in den drei Wandertagen, da kam uns Chrigels Einladung zu einem Tee in die Rangerhuette gerade recht. Die Ranger waren zu zweit, und die Geschichten, die sie uns erzaehlten, spannend: so war an diesem Tag nur 650 Meter vom obersten Zeltplatz eine Grizzlyforschungsstation mit Lockmittel aufgebaut worden. Vom Tee aufgewaermt, verbrachten wir die zweite eisige Nacht auf 1600 Meter. Gestern ging’s dann im Eilschritt wieder runter, damit wir vor 17 Uhr unser Gepaeck wieder abholen konnten.

Regenbogen

Die drei Tage Sonnenschein bezahlten wir mit einer Nacht Regen, unser Zelt mussten wir heute Morgen feucht einpacken…

… Zeit ist um, Fortsetzung folgt.

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